Freitag, 3. Mai 2024

Nicht katholisch getaufte Mitarbeitende - sondern christliches Profil der Einrichtung

Berlin ist nicht nur eine Reise wert: das Berliner Erzbistum hat bereits vor einem Monat auch für die verfasste Kirche definiert, was unter "katholisches Profil für seine Einrichtungen" zu verstehen ist (Quelle). Damit wird eine Regelung weiter geführt, die schon seit Jahren zunehmend bei der Caritas des Bistums umgesetzt wird. Anderswo bezeichnet man dieses Vorgehen als "Corporate identity", ein Führungssystem, das in der weltlichen Wirtschaft schon längst etabliert ist.
In einem dazu veröffentlichen Interview (Quelle) führt nun der Berliner Generlvikar aus:
Früher war es so, dass eine Einrichtung dadurch katholisch sein sollte, dass Beschäftigte im Regelfall katholisch sind und ihr Privatleben nach den Vorstellungen der Kirche ausrichten. Das ist aber schon lange gar nicht mehr möglich – gerade hier im Erzbistum finden wir schlicht das Personal nicht, das zugleich fachlich qualifiziert und katholisch ist. Mit diesem Wechsel von der Katholizität durch katholische Mitarbeitende hin zu einem christlichen Profil, das von der Einrichtung ausgefüllt werden muss, ist das kirchliche Arbeitsrecht in der Realität angekommen.
Der "Taufschein-Katholik" soll also durch den "sympathisierenden Überzeugungstäter" ersetzt werden. Damit wird aber auch in anderen Diözesen Deutschlands ein Prüfstein gelegt. Ist der "katholische Taufschein", die Mitgliedschaft in der Kirche, eine gerechtfertigte Anforderung und wirklich wichtig um eine bestimmte Tätigkeit auszuüben - wie die höchstrichterliche Rechtsprechung fordert?
Das ist sicher auch ein Erfolg, der dem gewerkschaftlichen Engagement von ver.di Mitgliedern und dem gewerkschaftlichen Rechtsschutz zu verdanken ist.

Ob das kirchliche Arbeitsrecht nun wirklich in der Realität angekommen ist?

Fakt ist: das verfassungsrechtlich zugesicherte Recht der Kirchen beschränkt sich auf die Selbstverwaltung und Selbstordnung der eigenen Angelegenheiten in den Schranken der für alle geltenden Gesetze. Und zur Selbstverwaltung und Selbstordnung ist der katholischen Kirche durch die Konkordatsvereinbarungen (z.B. im Reichskonkordat) lediglich das Recht eingeräumt, für Mitglieder der eigenen Kirche kirchenrechtliche Regelungen zu erlassen. Woher die Kirchen dann die Befugnis nehmen, auch für Nichtkatholiken bindende kirchenrechtliche Normen zu erlassen, konnte uns noch niemand nachvollziehbar erklären. In seinem Interview erklärt der Berliner Generalvikar zwar: "Wer bei uns arbeitet, wirkt an der Sendung mit" - aber mit Verlaub: diese idealistische Erklärung und Wunschvorstellung ändert am universellen, kircheneigenen Amtsrecht reichlich wenig (was bei den protestantischen Brüdern und Schwestern gilt ist natürlich nach deren Amtsverständnis zu hinterfragen).

In der Grundordnung verbleibt nach der weitgehenden Eliminierung der "persönlichen Loyalitätsanforderungen" zudem immer noch
- die Weigerung, Tarifverträge mit Gewerkschaften abzuschließen
(was gegen das Gewerkschaftsprinzip der päpstlichen Sozialenzykliken verstößt und Auwirkung in der gesamten Wohlfahrts-Branche hat und Lohndumping fördert, weil damit keine allgemein verbindlichen Normen geschaffen werden können)
und
- die Regelung eines eigenen Mitarbeitervertretungsrechts
(was mit can. 1286 des universellen Kirchenrechts CIC nicht vereinbar ist).

Nein, das kirchliche Arbeitsrecht ist nicht in der Realität angekommen. Es hängt immer noch irgendwo in der rosa Wolke 17 über dem Boden der harten Realitäten. Es ist etwas Druck raus - und das auch, weil (nicht nur) die Personalnot dazu zwingt. "Im Erzbistum finden wir schlicht das Personal nicht" wird der Generalvikar in klarer Offenheit zitiert.

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