Freitag, 10. September 2021

Bundestagswahl - Parteienaussagen zum kirchlichen Arbeitsrecht:

Die Seite "Abgeordnetenwatch.de" hat alle Wahlprogramme der Parteien aufgegliedert im www bereit gestellt. Wir verweisen hierauf und beschränken uns im Folgenden auf die Parteien, die nach den Umfrageergebnissen zum Redaktionsschluss voraussichtlich in einer neuen Bundesregierung vertreten sein könnten. In alphabetischer Reihenfolge erfolgt eine Bewertung der möglichen Regierungsparteien:

Programm der CDU/CSU Unionsparteien:
Das kirchliche Arbeitsrecht kommt nach unserer Durchsicht im Parteienprogramm der Unionsparteien schlicht nicht vor. Auf S. 133 wird allgemein die "Religion als wertvoller Teil unserer Gesellschaft" bezeichnet und ein Bekenntnis ".. zum bewährten Konzept des Religionsverfassungsrechts und zum Kooperationsmodell zwischen Kirche und Staat" abgelegt, was aber wohl alle Religionsgemeinschaften einschließt.
Bewertung von katholisch.de
Konkret bekennen sich CDU und CSU zum "bewährten Konzept des Religionsverfassungsrechts und zum Kooperationsmodell zwischen Kirche und Staat". Religionsfreiheit könne es nur auf dem Boden des Grundgesetzes geben, das dieser Freiheit Ausdruck verleihe. Zudem betonen beide Parteien ihr Vertrauen in das Potenzial von Religion, Werte zu vermitteln und einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwesen zu leisten. Daraus schlussfolgern sie: "Die Freiheit der Kirchen und Religionsgemeinschaften, in die Gesellschaft hineinzuwirken, muss daher unantastbar bleiben."

Programm der FDP:
Bewertung durch katholisch.de:
FDP: Reine liberale Lehre und Distanz zu den Kirchen

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... im kurzen Abschnitt "Vom Staatskirchenrecht zum Religionsverfassungsrecht" (S. 41) ... schlagen die Liberalen in nur wenigen Sätzen programmatische Pflöcke ein, die durchaus Sprengstoff bergen. Verbunden mit dem Ziel, allen in Deutschland vertretenen Religionsgemeinschaften, "die das Gleichheitsgebot und die Glaubensvielfalt, die Grundrechte sowie die Selbstbestimmung ihrer Mitglieder anerkennen", die gleichen Rechte zu gewähren, spricht sich die FDP für die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen, die Abschaffung von Tanzverboten und ähnlichen Einschränkungen an stillen Feiertagen sowie die Abschaffung der kirchlichen Privilegien im Arbeitsrecht aus – letzteres immerhin mit der Einschränkung "soweit sie nicht Stellen betreffen, die eine religiöse Funktion ausüben".
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Programm der Grünen:
Bewerung durch katholisch.de:
Die Grünen: "Bereit" für eine neue Ära – auch im Umgang mit den Kirchen

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Die gewachsene Beziehung zwischen dem Staat und den Kirchen wollen die Grünen erhalten, jedoch an die heutigen gesellschaftlichen Realitäten anpassen.
Was das bedeutet, zeigt sich etwa am kirchlichen Arbeitsrecht. Es soll reformiert werden und eine stärkere gewerkschaftliche Mitbestimmung erhalten. Die Grünen wollen außerdem die "Ausnahmeklauseln für die Kirchen im Betriebsverfassungsgesetz und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz" aufheben. Zudem betonen sie die Notwendigkeit der Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen, wozu sie im Frühjahr gemeinsam mit den Linken und der FDP einen Antrag im Bundestag eingebracht hatten, der von der großen Koalition letztlich abgelehnt wurde.
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Programm der Linken:
Bewertung durch katholisch.de:
Die Linke: Der Einzelne im Kampf gegen das System – und die Kirchen
Abbau von Privilegien und mehr Distanz: Die Linke will das Verhältnis von Kirche und Staat in Deutschland ganz entscheidend verändern und steht in zentralen Fragen der Meinung der Kirchen entgegen.
... Die Linke ... ist "für die Gleichbehandlung aller Religionen und Weltanschauungen mit den christlichen Kirchen", will einen Ethikunterricht für alle, sowie das kirchliche Arbeitsrecht und die Militärseelsorge abschaffen (alles S. 130). Weiterhin sollen die Kirchen ihre Steuern "selbstständig einziehen. Wir treten für den seit 1919 bestehenden Verfassungsauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen ein. In einer weltanschaulich und religiös vielfältigen Gesellschaft müssen alle die gleichen Möglichkeiten der Finanzierung haben". Auch das kirchliche Arbeitsrecht soll abgeschafft werden (ebenfalls S. 130). Die Linke tritt für einen säkularen Staat und die Entwirrung der vielfältigen Verflechtungen von Staat und Kirche ein – also etwa nach französischem Vorbild. Die Kirchen bestehen dagegen bis heute auf lange gewährten Privilegien wie dem Religionsunterricht oder der Militärseelsorge. Auch das eigene Arbeitsrecht, in dem Beschäftigte etwa wegen einer Wiederheirat gekündigt werden können und nicht streiken dürfen, verteidigen die Kirchen.
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Programm der SPD:
Bewertung durch katholisch.de:
SPD: Die Kirchen nur als Randerscheinung

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Die Kirchen treten zunächst als Arbeitgeber auf, wenn es um Pflegeberufe geht: "Unsere Ziele sind allgemeinverbindliche Branchentarifverträge. Wie werden über die Pflegemindestlohnkommission eine weitere Erhöhung der Mindestlöhne verfolgen. Gemeinsam mit den Kirchen wollen wir einen Weg erarbeiten, ihr Arbeitsrecht dem allgemeinen Arbeits- und Tarifrecht sowie der Betriebsverfassung anzugleichen." (S. 28)
Das ist ein Wink mit dem Zaunpfahl an die Caritas, die aus Sorge um die eigenen Mitarbeitenden einen Flächentarifvertrag in der Pflege verhindert hat. Gleichzeitig lässt sich mit einem solchen Satz auch weiterdenken: Soll damit das kirchliche Arbeitsrecht in Frage gestellt werden? Nicht zuletzt das oft als unnötig rigide empfundene Vorgehen der Kirchen als Arbeitgeber, wenn Mitarbeitende austreten oder neu heiraten, hat den Ruf der Kirchen nicht gerade verbessert. Dazu kommen ein Streikverbot und keine Betriebsräte. Wenn die SPD das kirchliche Arbeitsrecht vielleicht nicht abschaffen will, so ist das Signal doch klar: Die Sozialdemokraten streben an, gesetzlich geregelte Arbeitnehmerrechte auch den Angestellten der Kirchen zuzubilligen. Ein klarer Zeitplan oder gar konkrete Maßnahmen fehlen hier allerdings, es bleibt bei einer allgemeinen Absichtserklärung.
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Die Parteiprogramm weisen darüber hinaus durchaus Aussagen zu Branchen wie Altenpflege und Gesundheitsdiensten oder zur Klima- und Umweltpolitik auf. Da die Kirchen von der Zeugung bis zur letzten Ruhe alle menschlichen Lebensbereiche beeinflussen und regeln wollen, gibt es auch darüber hinaus viele sich überschneidende Berührungspunkte zwischen Kirchenlehre und Parteienprogrammen. All das wieder zu geben würde den Rahmen eines Blogs, der sich mit dem kirchlichen Arbeitsrecht auseinander setzt, allerdings sprengen.

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