Samstag, 14. Dezember 2019

KODA Bayern beschließt (un)"soziale" Regelung

Die bayerische Regional-KODA hat am 17./18. Juli eine Regelung beschlossen, deren Gehalt sich erst auf den Zweiten Blick erschließt:
Nach ABD Teil B 5. wird folgender neuer Teil 6 eingefügt:

Sonderregelung für Beschäftigte, die ein über das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe E 15 hinausgehendes Entgelt erhalten

Bei Beschäftigten, die ein über das Tabellenentgelt der Entgeltgruppe 15 hinausgehendes Entgelt erhalten, kann individualvertraglich von den von der Kommission für das Arbeitsvertragsrecht der bayerischen Diözesen (Bayerische Regional-KODA) beschlossenen und vom Diözesanbischof für die Diözese in Kraft gesetzten arbeitsvertraglichen Regelungen abgewichen werden.
Was soll das?
Gilt diese Abweichungsmöglichkeit nach dem BGB nicht für alle Regelungen des "Dritten Weges"?
Im einschlägigen § 305 b BGB ist nämlich normiert:
Individuelle Vertragsabreden haben Vorrang ...
Warum will also die KODA (unter Überschreitung der Schranken des für alle geltenden Gesetzes) gerade für (und nur für) die Superverdienste im kirchlichen Dienst Abweichungen zulassen?
Oder konkret: was heißt das eigentlich im Umkehrschluss, wenn etwas, was eigentlich allen erlaubt ist, ausdrücklich nur noch für eine kleine Gruppe von Personen erlaubt sein soll?

Etwas mehr Licht im Dunkeln bringt dann das Tarifvertragsgesetz (TVG), das allerdings für die Regelungen des "Dritten Weges" nicht einschlägig ist - denn dabei handelt es sich ausdrücklich nicht um Tarifverträge (vgl. Art. 7 Abs. 2 Grundordnung). Wenn es um soziale Aspekte, also die Förderung von Geringverdienern etwa in den teuren Ballungszentren gehen würde, hätte die Übernahme der Regelung des Tarifvertragsgesetzes näher gestanden. In § 4 dieses Gesetzes wäre geregelt:
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
Wenn man sich die KODA-Regelung nun näher anschaut, dann fällt auf, dass - wie gesagt entgegen der Vorgabe des BGB - für Beschäftigte unter und bis zu der Entgeltgruppe E 15 keine Abweichungen möglich sein sollen.
Damit sind auch Verbesserungen - wie sie bei Tarifverträgen möglich wären - ausgeschlossen. Mit diesem Umkehrschluss erhält die Regelung tatsächlich Sinn. Denn dass Verschlechterungen verhindert werden sollen, ist vor dem Hintergrund des Aktuellen Armutsberichts unsinnig - weniger als Armutslöhne sind gerade bei den untersten Vergütungsgruppen schlechterdings nicht möglich.

Natürlich könnte man auch festlegen, dass die außertariflich vergüteten Beschäftigten gerne auf einen Teil der Vergütung verzichten können. Aber das können die doch sowieso, und warum schreibt man das dann nicht so, wenn das wirklich das Ziel der Regelung wäre?

Und dann fällt noch auf dass die neue Regelung, die erst jetzt veröffentlicht wurde, bereits zum 1. September (rückwirkend) in Kraft treten soll. Das geht bei Verschlechterungen schon gar nicht.
So gesehen entlarvt sich der Beschluss dann von selbst:
Mit der neuen Regelung wird die übertarifliche Bezahlung von Beschäftigten, die ohnehin schon eine über das Tabellenentgelt E 15 hinausgehende Entlohnung erhalten, durch die KODA sanktioniert. Die Superverdiener dürfen sich jetzt mit dem ausdrücklichen Segen der KODA und der Bischöfe noch mehr reinschieben.
Und damit der Topf nicht zu schnell leer wird, ist zugleich festgeschrieben, dass weniger verdienende gerade keinen Zuschlag erhalten dürfen.
Wie hat der Kirchenrechtler Norbert Lüdecke jetzt (in anderem Kontext) in der Frankfurter Rundschau erklärt?
Kollateral entlarvend zeigt dieses Gerechtigkeitsverständnis zudem, wie weit es her ist mit dem besonderen Profil des Sozialträgers katholische Kirche, das an anderer Stelle ja dazu dient, ein eigenes Arbeitsrecht zu rechtfertigen.

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