Freitag, 17. Januar 2014

»Der Kirche geht es um eine menschliche Wirtschaft«

 
 

„Der Kirche geht es um eine menschliche Wirtschaft“
17.01.2014 10:54



Übernommen VON: PRESSESTELLE der Erzdiözese München und Freising


Vortrag von Kardinal Marx anlässlich des 60jährigen Bestehens des Freiburger Walter-Eucken-Instituts

München/Freiburg, 17. Januar 2014. Freiheit und Würde des Menschen hängen nach Überzeugung von Kardinal Reinhard Marx weitgehend vom Ordnungssystem der Wirtschaft ab. Daher stehe es „doch wohl außer Frage, dass sich die Kirche mit Ordnungspolitik beschäftigen“ müsse, sagte der Erzbischof von München und Freising am Freitag, 17. Januar, bei einem Symposium zum 60jährigen Bestehen des renommierten Walter-Eucken-Instituts an der Universität Freiburg. „Dieser Themenkomplex berührt nach unserem Selbstverständnis sozusagen eine Kernkompetenz der Kirche“, erklärte Marx laut Manuskript in seinem Vortrag zum Thema „Ordnungspolitik als Versöhnung von Markt und Moral“. 

Zwar beanspruche Kirche in Fragen der Wirtschaftspolitik kein eigenes Mandat und habe keine eigenen politischen Programme oder technische Lösungen anzubieten, so der Kardinal: „Aber sie begreift sich, um ein vielzitiertes Wort von Papst Paul VI. aufzugreifen, als Expertin der Menschlichkeit.“ Kirche gehe es deshalb um „Menschlichkeit in der Wirtschaft und um eine menschliche Wirtschaft“, wenn sie sich mit Fragen der Wirtschaft und der Ordnungspolitik auseinandersetze. 

Die teils harsche Kritik auf das Apostolische Schreiben „Evangelii Gaudium“ von Papst Franziskus beruht laut Marx auf dem Missverständnis, das päpstliche Dokument mit einem wirtschaftspolitischen Traktat zu verwechseln: „Der Papst wollte keine theoretische Abhandlung schreiben, sondern tatsächliche Missstände und schreiende Ungerechtigkeiten anprangern.“ Die Kirche sei eine „Befürworterin der Marktwirtschaft“, deren Einführung etwa in Asien zweifellos zur Vermehrung des Wohlstands und zum Rückgang der Armut geführt habe. Auch der Papst kenne die Vorzüge der Marktwirtschaft. Trotzdem könne das im Umkehrschluss nicht zur Konsequenz haben, dass man „über das Schicksal der chinesischen Wanderarbeiter großzügig hinwegsehen“ oder achselzuckend hinnehmen solle, „wenn in Bangladesh wieder Hunderte von Arbeiterinnen und Arbeitern bei dem Brand oder Einsturz einer Textilfabrik sterben“. Man könne auch nicht „als Kollateralschaden akzeptieren, dass nach Einschätzung der Weltbank durch die Finanzmarktkrise Millionen Menschen in den Entwicklungsländern weiter in existentielle Armut abgerutscht sind und so hunderttausende Kinder gestorben sind“. Zur Diskussion, ob Franziskus die „Tatsache, dass diese Wirtschaft tötet“ benennen dürfe, stellte Marx klar: „Ich finde, dass der Papst das meiner Meinung nach nicht nur darf, sondern dass es sogar seine Aufgabe ist, das auszusprechen.“ Vor allem mit Blick auf „den real existierenden Kapitalismus“ stimme die Aussage: „Papst Franziskus vertritt daher keinen besonders grobschlächtigen Antikapitalismus, wie geschrieben worden ist, sondern er kritisiert eine besonders grobschlächtige Art des Kapitalismus“, betonte der Erzbischof.

Der Papst tue das, was die Aufgabe der Kirche sei, die in jedem Menschen ein Kind und Ebenbild Gottes sehe: „Er spricht im Namen der Opfer und er kritisiert die sozialen Zusammenhänge und Strukturen, die sie zu Opfern machen“, so der Kardinal: „Er fordert uns auf, unsere moralische Verantwortung für diese Menschen wahrzunehmen, indem wir Globalisierung gestalten – nicht nur nach Effizienz-Gesichtspunkten, sondern auch unter der Perspektive der Gerechtigkeit und der Teilhabe aller, besonders der Armen.“  (kel)

 

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