Freitag, 3. August 2018

Kirchen als Hindernis bei Verbesserungen in der Altenpflege?

In den Extraseiten "Christ & Welt" der Wochenzeitung "Die Zeit" findet sich in der aktuellen Ausgabe vom 2. August 2018 ein ungewöhnlich prägnanter Beitrag zur problematischen Rolle, welche die kirchlichen Wohlfahrtsverbände für das Elend der Altenpflege spielen:

Frank Drieschner befasst sich unter dem Titel
"Wie schwer wiegt das Elend? Die Altenpflege soll reformiert, aber nicht ernsthaft verbessert werden - und die Kirchen unterstützen das"
Als problematisch ordnet Drieschner insbesondere die Doppelrolle der Kirchen und ihrer Wohlfahrtsverbände ein:
"Sie machen, wie andere Anbieter von Pflegeleistungen, das Beste aus schlechten Bedingungen. Und sie verpassen der Altenpflege ihr Gütesiegel. Wer wirklich nicht wissen will, wie es in den Heimen zugeht, der kann sich damit trösten: So schlimm können die Verhältnisse nicht sein, wenn doch die Kirchen daran mitwirken, sie zu gestalten." 
Gleichzeitig wird aufgezeigt, wie die kirchlichen Träger dennoch von den privaten Trägern aus dem Markt gedrängt werden. Oder die Konfession wechseln, wie vor neun Jahren die Caritas-Altenheime, die an die Diakonie verkauft wurden, mit massiven Verschlechterungen bei der Vergütung.

Den Vorgang des Verkaufs hat damals der Theologe und Hospiz-Koordinator Christoph Mock wissenschaftlich kritisch in einem Forschungsprojekt der Universität Vechta begleitet: Die Kirchlichkeit der kirchlichen Wohlfahrtspflege nach ihrer Entkirchlichung. (Die Studie ist 2015 unter dem Titel "Die Kirchlichkeit kirchlicher Wohlfahrtspflege" im Lit-Verlag erschienen und in der einschlägigen Caritas-Öffentlichkeit unserer Wahrnehmung nach weiter rezipiert worden.)

Frank Drieschners sehr lesenswerter Artikel endet  mit dem bitteren Fazit:
Was wird aus der Nächstenliebe unter den Bedingungen ökonomischer Knappheit? Es gebe Branchenvertreter, analysiert der Autor des Buches über den Hannoveraner Pflegeheimverkauf, denen es mit diesem Anspruch ernst sei. Andere hingegen setzten "'Nächstenliebe' problemlos als werbetechnisches Instrument ein". 'Nächstenliebe als Verkaufsargument für die in vielen Pflegeberichten dokumentierte Vernachlässigung von Schutzbefohlenen: Das wäre wirklich ein Merkmal, das die kirchlichen Altenheime exklusiv hätten."
Der Beitrag von Frank Drieschner ist hier zugänglich: https://www.zeit.de/2018/32/altenpflege-reformation-verbesserung-kirche


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