Das Arbeitsgericht Kiel entschied zwar für einen Betriebsrat, dass der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz hat. Es bezieht sich aber in der Begrüundung auf §§ 3 und 5 Arbeitsschutzgesetz, das auch für die Kirchen gilt. Die Vorgabe einer Mindestbesetzung sei durchaus eine Maßnahme, mit der der Gefährdung der Mitarbeiter begegnet werden könne.
Der Arbeitgeber sei in seiner unternehmerische Freiheit gemäß Art. 12 Grundgesetz nicht mehr völlig frei. Diese Freiheit kollidiert aber mit den Grundrechten der Arbeitnehmer auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG und aus Art. 31. der EU-Grundrechte-Charta. Danach hat jeder Arbeitnehmer das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen sowie auf eigene körperliche Unversehrtheit (Art. 31 EU-Grundrechte-Charta, Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz).
1. Die Vorgabe einer Mindestbesetzung mit Pflegepersonal ist eine Maßnahme, mit der einer Gesundheitsgefährdung der eigenen Beschäftigten durch Überlastung begegnet werden kann.Fundstelle und mehr:
2. Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG *) i.V.m. §§ 3,5 ArbSchG ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht zur Herbeiführung von betrieblichen Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers, mit denen Gesundheitsschäden bei konkreten Gefährdungen, die im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung festgestellt worden sind, verhütet werden sollen.
3. Der damit verbundene Eingriff in die unternehmerische Freiheit (Art. 12 GG) hat gegebenenfalls zu Gunsten der Grundrechte der Arbeitnehmer aus Art. 2 Abs. 2 GG und aus Art. 31 der EU-Grundrechte-Charta, wonach jeder Arbeitnehmer das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen sowie auf eigene körperliche Unversehrtheit hat, zurückzutreten.
openJur 2020, 7094
Ergänzend Coronavirus: ver.di Infos für Beschäftigte
Bilder der totalen Überlastung
*)
Für Einrichtungen, die der MAVO unterliegen, sei hier unter anderem auf § 37 Abs. 1 Nr. 10 MAVO verwiesen.
Nachtrag:
Wir wurden darauf aufmerksam gemacht, dass das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel durch eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) "aufgehoben" sei. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass die materielle Grundaussage des Kieler Arbeitsgerichts falsch ist.
Im Gegenteil: das Bundesarbeitsgerichts hat den Einigungsstellenspruch aus rein formalen Gründen aufgehoben, weil der Einigungsstelle - beginnend mit der Gefährdungsbeurteilung, die dem Arbeitgeber obliegt - zusätzlich weitere Aufgaben übertragen wurden, die durch die genannte Rechtsnorm nicht gedeckt waren. Das Bundesarbeitsgerichts hat weiter sehr konkret dargelegt, in welchen Schritten es zu einer rechtswirksamen Entscheidung der Einigungsstelle kommen muss. Das könnte man auch als Unterstützung für das originiäre Anliegen interpretieren.
Die Entscheidung des BAG ist hier im Internet nachlesbar:
Einer Einigungsstelle kann im Rahmen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG nicht gleichzeitig der Regelungsauftrag zur Ausgestaltung der Gefährdungsbeurteilung iSv. § 5 ArbSchG und zur Regelung erforderlicher Schutzmaßnahmen iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG sowie deren Wirksamkeitskontrolle iSv. § 3 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG übertragen werden.
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