Freitag, 31. Juli 2015

Ab morgen gelten unterschiedliche Fassungen der Grundordnung

Wie wir bereits berichtet haben, wird die Neufassung der Grundordnung in den bayerischen Bistümern Eichstätt, Regensburg und Passau nicht in Kraft gesetzt.
Der Gewerkschaft geht es dabei im Wesentlichen um das Thema "gewerkschaftliche Betätigungsfreiheit".

Die Medien entwickeln dagegen einen regelrechten "Hype" um die künftig unterschiedlichen Loyalitätsanforderungen.
So hat die WELT AM SONNTAG letzten Sonntag das Thema auf der Bayernseite aufgegriffen. Unter der etwas plakativen Überschrift (print) "Ziemlich schlechte Freunde" wird dann wie in der online-Ausgabe ausgeführt:
26. Jul. 2015
08:45 Katholische Kirche
Drei Bischöfe gegen ein liberaleres Arbeitsrecht

In der katholischen Kirche Bayerns ist ein Richtungsstreit um die Liberalisierung des Arbeitsrechts entbrannt – auf dem Rücken der Arbeitnehmer. Drei Bischöfe wollen an den alten Reglungen festhalten.
...

Dazu erst einmal Respekt an Bischof Ostler, der in einem Facebook-Eintrag vom 22. Juli seine abweichende Sicht erläutert und sich der Diskussion nicht nur mit den Gläubigen stellt:
Kirchliches Arbeitsrecht – ein paar Gedanken dazu aus Passau.

Die Bischöfe von Passau, Regensburg und Eichstätt prüfen derzeit noch, ob und wenn ja wie sie den neuen Entwurf zum kirchlichen Arbeitsrecht umsetzen.
...
Soweit ersichtlich bewerten sämtliche einschlägigen Kommentatoren diese unterschiedliche Handhabung kritisch (statt vieler: Prof. Dr. Richardi, Vorsitzender Richter des kirchlichen Arbeitsgerichtshofs in einem Interview beim Bayerischen Rundfunk vom 16. Mai:
"Für die Einheit der Kirche wäre es schwerwiegend, wenn einige Bischöfe die neue Grundordnung nicht umsetzen würden, weil das dazu führen würde, dass die staatlichen Gerichte die Autorität der Kirche nicht mehr ernst nehmen."
vgl. auch Prof. Dr. Joussen in ZMV 3/2015 S. 125/126)

Welche Fragen diese unterschiedlichen Regelungen mit sich bringen, möchten wir an einem fiktiven Beispiel anreißen:

Die Diözesangrenze zwischen den Bistümern München und Freising sowie Regensburg läuft entlang der Isar quer durch Landshut. Östlich der Isar gilt künftig das "neue Recht", westlich der Isar gilt weiter das "alte Recht".

Nehmen wir jetzt eine Lebenspartnerschaft:

= einer der beiden ist evangelisch und arbeitet in einer katholischen Einrichtung westlich der Isar = altes Recht
=> nach bisherigem Recht folgt zwingend die Kündigung

= der zweite Partner arbeitet in einer katholischen Einrichtung östlich der Isar = neues Recht
=> muss dieser Partner jetzt auch mit einer Kündigung rechnen?
=> macht es einen Unterschied, wenn dieser Partner auch evangelisch oder katholisch ist?

Was wird das Arbeitsgericht Landshut dazu sagen?

Wird es bei Papst Franziskus nachfragen, welche Loyalitätspflichten in katholischen Einrichtungen einzufordern sind?
Der "twitterte"
am 16. Mai (Zitat) Besser eine Kirche mit Beulen, die auf der Straße unterwegs ist, als eine Kirche, die krank ist, weil sie sich eingeschlossen hat. (Zitat Ende),
am 21. Juli (Zitat) Die Kirche hat die Berufung, sich der Schwachen mit immer größerer Aufmerksamkeit und Fürsorge anzunehmen. (Zitat Ende - gilt das auch für die Schwachen in den eigenen Betrieben?),
am 23, Juli (Zitat) Wer den Kranken und Bedürftigen hilft, berührt den Leib Christi, der unter uns lebt und gegenwärtig ist. (Zitat Ende - gilt dies auch, wenn die Helfer verpartnert oder nicht katholisch sind - oder dürfen solche Menschen den Kranken und Bedürftigen nicht helfen?) und
am 25. Juli (Zitat): Das christliche Zeugnis ist konkret. Worte ohne Beispiel sind leeres Gerede. (Zitat Ende).

Obwohl wir bereits vor Monaten eine erste Bewertung der Neufassung der Grundordnung abgegeben haben, werden wir uns morgen umfassend den Änderungen widmen. Wir meinen, wir können dabei einige Punkte ansprechen, die in der bisherigen Diskussion und auch der Literatur (z.B. ZMV 3/2015, S. 122, 123 ff) noch nicht berücksichtigt wurden.

Es ist zu erwarten, dass sich ver.di mit den hier angesprochenen Fragen noch weiter auseinandersetzen wird.

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