Montag, 16. September 2019

Christliche Kindergärten froh über muslimische Erzieherinnen

Unter dieser Überschrift berichtet der Bayerische Rundfunk (BR) vor einigen Tagen:
Seit das kirchliche Arbeitsrecht 2015 geändert wurde, dürfen kirchliche Kindergärten eine Muslima nicht mehr aufgrund ihrer Religion ablehnen bei einer Bewerbung. Kirchlichen Kindergärten wollen das mittlerweile auch gar nicht mehr. Bei den 64 Kindertageseinrichtungen der Caritas in München und Oberbayern werden mittlerweile Kinder aus über 70 Nationen betreut, mehr als zehn Prozent aller Kinder sind muslimisch.
Das lässt aufmerken: sollte sich die Vorgabe der Grundordnung tatsächlich geändert haben? Denn dort war in Artikel 3 geregelt:
Der kirchliche Dienstgeber kann pastorale, katechetische, sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen, die der katholischen Kirche angehört.
Quelle: Deutsche Bischofskonferenz zur Grundordnung

Wie die zum Stand von gestern zitierte Quelle schon sagt - an der kirchlichen Grundnorm hat sich im Grundsatz nichts geändert. Die Beschäftigung von nichtkatholischen Mitarbeiter*Innen im erzieherischen Bereich (und Kindertagesstätten sind nicht nur in Bayern als frühkindliche Bildungseinrichtungen dem Erziehungsdienst zugeordnet) stellt nicht die Regel, sondern vielmehr eine Ausnahme dar.
Nichtkatholische Erzieher*Innen darf es danach nur geben, wenn eine zwingend notwendige Ausnahme vorliegt.
Ob diese Regelung der Grundordnung tatsächlich "kirchenspezifisch katholisch" ist, lässt sich mit dem Hinweis auf das Ämterrecht des universellen Kirchenrechts (cc. 145 ff CIC) zwar treffend hinterfragen (wie wir das gestern in unseren Sonntagsgedanken auch getan haben), das ändert aber weder die Vorgabe der Grundordnung noch die daraus folgende geübte Praxis.

Üblicherweise - so ist die Lebenserfahrung - wird eine solche Ausnahme von der Regel nur durchgeführt, wenn aufgrund des Fachkraftmangels der gesetzlich vorgeschriebene Fachkraftschlüssel nicht erreicht wird, und daher (wegen der damit verbundenen Gefährdung des Kindeswohls) die Kürzung der staatlichen Bezuschussung zu erwarte wäre. Und auch dann erfolgt die Einstellung nichtkatholischer Bewerber*Innen (und erst recht nichtchristlicher Bewerber*Innen) in der Regel nur befristet, um weiter nach katholischen Erzieher*Innen suchen zu können.

Dermaßen misstrauisch geworden schaut man sich den Artikel des BR noch näher an und stößt auf weitere Ungereimtheiten:
Wieso sollen die 64 KiTas der Caritas in München und Oberbayern für alle christlichen Kindergärten stehen?
Alleine bei der Erzdiözese München und Freising, die nicht einmal alle Teile Oberbayerns umfasst (also ohne dem Bistum Eichstätt und weite Teile, die zum Bistum Augsburg gehören) führt neben der Caritas selbst rund 600 Pfarrkindergärten der "verfassten Kirche" (die also gerade nicht zur Caritas gehören, sondern unmittelbar der Aufsicht der Diözesankurie unterstehen). Die wenigen Caritas-KiTAs fallen da kaum in's Gewicht. Das sind zudem vielfach Sondereinrichtungen, etwa für Kinder mit besonders hohem Betreuungsbedarf, also etwa auch für Einrichtungen, die einen hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund betreuen. Das ist auch beim dem im BR-Artikel angeführten Kindergarten im Münchner Hasenbergl der Fall.
Und die Einrichtungen der evangelischen Kirche und Diakonie erhöhen die Zahl der "christlichen Kindergärten" noch um ein Weiteres.

Resümee?
Der Bayerische Rundfunk berichtet sehr euphemistisch über eine Ausnahmesituation, die aufgrund des Fachkraftmangels einerseits und einer Sondersituation wie einem hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund andererseits zwingend die Anstellung nichtkatholischer Bewerber*Innen im Erziehungsbereich fordert. Daraus eine umfassende Änderung der Einstellungspraxis christlicher Kindergärten abzuleiten, erscheint - gewagt. Aber vielleicht ändert eine gute Erfahrung bei den wenigen Caritaseinrichtungen ja auch einmal die - aus dem universellen katholischen Kirchenrecht nicht begründbare - Anforderung der Grundordnung in Deutschland.

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