Montag, 27. Juli 2020

Gerichtsverfahren zu Arbeitszeit : Rund um die Uhr im Dienst

Unter dieser Überschrift berichtete die Süddeutsche Zeitung über einen Prozess vor dem Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg , der die häusliche "24 Stunden Pflege" durch (vielfach osteuropäische) Pflegekräfte und deren Arbeitszeit und Entlohnung zum Inhalt hatte.

Die Berliner taz war etwas deutlicher in der Aussage:
Gerichtsverfahren zu Arbeitszeit:
24-Stunden-Pflege gerät unter Druck
Wie viele Stunden arbeitet eine Betreuerin, die mit im Haushalt wohnt? Ein Gerichtsfahren bringt die häusliche Rundum-Pflege ins Wanken.

… D. wurde vermittelt über eine Agentur mit Hauptsitz in München und war angestellt bei einer bulgarischen Zeitarbeitsfirma, die sie entsandte. Nun klagt sie auf eine Lohnzahlung für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit im Jahre 2015: 45.000 Euro. Ihr Arbeitsvertrag bei der bulgarischen Firma hatte nur eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden vorgesehen, für rund 1.000 Euro netto im Monat. Tatsächlich aber versorgte D. eine über 90-jährige Dame, die rund um die Uhr Hilfe brauchte.

Macht die Entscheidung des Gerichts die Runde in der Branche, „bringt das ein Geschäftsmodell in Gefahr, das vor allem auf der Ausbeutung von Frauen aus osteuropäischen Ländern beruht“, sagt Oblacewicz. Tausende weitere Betreuerinnen aus den Haushalten könnten versuchen, sich eine Lohnnachzahlung zu erstreiten. „Ich hoffe, dass noch viel mehr Frauen klagen“, sagt Oblacewicz. (Anm.: Justyna Oblacewicz ist vom Projekt „Faire Mobilität“ des Deutschen Gewerkschaftbunds (DGB)
Sie dringt darauf, dass die Arbeits- und Bereitschaftszeiten der Pflegehilfskräfte juristisch korrekt bezahlt werden. Laut Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts von 2016 muss der durchschnittliche Stundenlohn für die Arbeitszeiten einschließlich der Bereitschaftszeiten wenigstens dem Mindestlohn entsprechen. Müsste eine Pflegehilfskraft also tatsächlich 24 Stunden am Tag in dem Haushalt arbeiten oder sich während der Schlafzeiten der Pflegebedürftigen für einen Einsatz bereithalten, würden bei einem Mindestlohn von 9,35 Euro die Stunde insgesamt mehr als 6.700 Euro im Monat an Bruttolohn fällig.
Man darf gespannt sein, ob der gerichtliche Vergleichsvorschlag angenommen wird.

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